Die CSU-Stadtratsfraktion in Nürnberg hegt offenbar Pläne, eine U-Bahnlinie U4 zu bauen. Die soll nicht auf dem Streckenverlauf der in den 1970er Jahren als U3 geplanten dritten Stammlinie verkehren. Sie hat auch nichts mit der im NVEP als unwirtschaftlich abgekanzelten „tramfreundlichen U4“ zwischen Gostenhof und Zabo via Südstadt zu tun. Vielmehr bezeichnet die Partei so die Linie, die laut dem NVEP hinter der Hohen Marter von der U2 abzweigen und in Richtung Eibach fahren soll. Die CSU-Fraktion wolle sich für eine Verlängerung um zwei Stationen bis Reichelsdorf-Nord stark machen, wie sie mitteilte.

Ernsthafte Planung oder Wahlkampfgedöns? Die CSU-Stadtratsfraktion hat sich jedenfalls klar positioniert und bereits am 14. Januar 2013 einen Antrag an die Verwaltung gestellt, dass diese eine U-Bahn nach Reichelsdorf-Nord auf ihre Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit untersuchen soll. Diese Verbindung bezeichnet die Fraktion in ihrem Antrag als U4. Die Linie ginge noch zwei Stationen weiter, als die im Nahverkehrsentwicklungsplan (NVEP) untersuchte Variante eines U-Bahn-Abzweigs von der Hohen Marter über Röthenbach Ost nach Eibach. Die Planung der CSU sieht nun zwei weitere U-Bahnhöfe vor: Einsteinring und Reichelsdorf-Nord.

Die Strecke Hohe Marter – Eibach Mitte hatte in den Untersuchungen des NVEP einen positiven Nutzen-Kosten-Faktor von 1,05 erreicht. Sie liegt damit nur sehr knapp über der magischen Grenze von 1,0, die für eine Förderung aus Bundes- und Landestöpfen als maßgeblich angesehen wird. Bei einer Verlängerung der Strecke in südlicher Richtung um rund zwei Kilometer ist nun vermutlich nicht davon auszugehen, dass sich der KNF verbessert. Eher ist mit einer deutlichen Verschlechterung zu rechnen, wie dies bei Schienenstrecken durch nicht hochverdichtete Viertel meist der Fall ist.

Offenbar ist selbst die CSU nicht davon überzeugt, dass ihre anvisierte U4 unter normalen Ausbaubedingungen die Hürde einer volkswirtschaftlichen Nutzen-Kosten-Rechnung nehmen könnte. So schlägt die Fraktion vor, die Strecke von Anfang an nur für Kurzzüge zu konzipieren. Damit will man kürzere Bahnsteige und natürlich eine Kostenreduktion erreichen. Auch die Machbarkeit von eingleisigen Abschnitten solle geprüft werden, so die CSU. Und es müsse

auf der Gesamtstrecke das gesamte Fahrgastpotential maximal abgeschöpft werden und der Parallelbetrieb weiterer betriebsdefizitärer Verkehrsmittel vermieden werden,

wie es in dem Antrag an die Verwaltung steht. Bedeutet im Klartext den Wegfall der Buslinien 61, 62 und möglicherweise auch 66 im Bereich der neuen U-Bahn. Folge wären für viele Menschen in diesen Gebieten deutlich längere Fußwege, als sie die bisher zu den Bushaltestellen haben.

Angesichts dieser Aussichten ist von einer Realisierung der „U4“ nach Reichelsdorf-Nord eher nicht auszugehen. Sehr wahrscheinlich ist bei dieser Variante nämlich auch, dass die nahezu parallel verlaufende S-Bahnlinie S2 deutlich an Fahrgästen verlieren würde. Schließlich käme man mit der U-Bahn dann umsteigefrei an viele innerstädtische Ziele – was bei der S-Bahn in Nürnberg nicht der Fall ist. Und das Verkehrsmittel U-Bahn rechnet sich nunmal für die Erschließung nicht hochverdichteter Räume nicht. Das wäre ein sehr guter Einsatzort für eine in den Außenbezirken oberirdisch verkehrende Stadtbahn – doch die gibt es in Nürnberg nicht.

Bleibt letztlich nur der Schluss, dass es sich dabei zunächst um ein Wahlkampfmanöver der CSU-Fraktion handelt. Den Bürgern im Nürnberger Süden die U-Bahn schmackhaft machen und so tun, als würde man sich hier für ein realistisches und lohnenswertes Projekt einsetzen. Außerdem baut die CSU in ihrem Antrag zeitlichen Druck auf: Wegen des GVFG-Auslaufens im Jahr 2019 müsse man nun schnelle Entscheidungen treffen, so die Fraktion. Damit soll wohl das im NVEP wegen des schlechten Nutzen-Kosten-Faktors am wenigsten priorisierte Projekt gepushed werden. Und das natürlich – wen überrascht es – auf Kosten der wichtigen Straßenbahnprojekte. Bleibt nur zu hoffen, dass die Prüfung durch die Verwaltung ergibt, dass dieses Projekt möglichst schnell ad acta gelegt werden sollte.